Wie die Flankensteilheit von Equalizer-Filtern das Audio-Mixing beeinflusst

Wenn du dich mit dem Mischen von Audiospuren beschäftigst, ist es wichtig zu verstehen, wie verschiedene technische Aspekte den Klang beeinflussen. Einer dieser Aspekte ist die Phasenverschiebung, die besonders bei der Verwendung von Equalizern und Filtern mit steilen Flanken auftritt. Dieser Text soll dir helfen zu verstehen, warum Phasenverschiebungen auftreten, welche Auswirkungen sie auf deinen Mix haben und wie du sie vermeiden oder minimieren kannst.

Warum kommt es zu Phasenverschiebungen?

Phasenverschiebungen entstehen, wenn ein Filter oder Equalizer die Phase eines Audiosignals ändert. Das passiert, weil der Filter bestimmte Frequenzen unterschiedlich behandelt. Besonders steile Filter, die eine Flankensteilheit von mehr als 12 dB pro Oktav haben, verursachen größere Phasenverschiebungen. Das liegt daran, dass solche Filter eine höhere Ordnung haben, was bedeutet, dass sie mehr Pole und Nullen im Frequenzbereich verwenden. Diese zusätzlichen Pole und Nullen sorgen dafür, dass die Phase des Signals stärker verändert wird.

Auswirkungen von Phasenverschiebungen auf das Mixing

Beim Mischen von Audiospuren können extreme Phasenverschiebungen mehrere Probleme verursachen:

  1. Kammfiltereffekte: Wenn zwei Audiospuren mit unterschiedlichen Phasen kombiniert werden, kann es zu Kammfiltereffekten kommen. Das bedeutet, dass bestimmte Frequenzen abgeschwächt oder verstärkt werden, was einen unnatürlichen und hohlen Klang erzeugen kann. Diese Effekte treten besonders dann auf, wenn gleiche oder ähnliche Signale miteinander gemischt werden, zum Beispiel bei der Verwendung von Mikrofonen an verschiedenen Positionen zur Aufnahme desselben Instruments.

  2. Verlust von Klarheit und Definition: Phasenverschiebungen können die zeitliche Kohärenz des Signals beeinträchtigen. Das bedeutet, dass transiente Elemente, wie Schlagzeugschläge, an Klarheit und Definition verlieren. Der Mix kann dadurch matschig und diffus klingen, weil die zeitliche Struktur des Signals durcheinandergebracht wird.

  3. Probleme bei der Stereobreite: Phasenverschiebungen können die Wahrnehmung der Stereobreite beeinflussen. Wenn linke und rechte Kanäle unterschiedliche Phasenverschiebungen erfahren, kann das zu einer unscharfen Stereobildung führen. Das bedeutet, dass es schwieriger wird, die Position von Instrumenten im Raum genau zu erkennen, was die räumliche Tiefe des Mixes verringern kann.

  4. Phasenkorrelation: In komplexen Mixes ist es wichtig, dass die Phasenlage zwischen verschiedenen Spuren gut korreliert ist. Große Phasenverschiebungen können die Phasenkorrelation verschlechtern. Das ist besonders problematisch, wenn der Mix auf Mono-Kompatibilität überprüft wird oder über Lautsprecher abgespielt wird, da Frequenzen, die im Stereo-Mix klar und präsent erscheinen, im Mono-Mix ausgelöscht oder abgeschwächt werden können.

Deine Aufnahmen sind gemacht, aber das Mixing ist noch nicht so wie du es dir vorstellst?

Phasenkorrelation im Detail

Die Phasenkorrelation beschreibt, wie gut die Phasenlage zwischen zwei oder mehr Audiosignalen übereinstimmt. Eine gute Phasenkorrelation bedeutet, dass die Signale harmonisch zusammenarbeiten, während eine schlechte Phasenkorrelation auf Interferenzen und Auslöschungen hindeutet.

  1. Stereo-Balance und Räumlichkeit: Die Phasenkorrelation beeinflusst direkt die Wahrnehmung der Stereo-Balance und der räumlichen Verteilung von Klängen im Mix. Eine gute Phasenkorrelation sorgt dafür, dass Instrumente und Stimmen klar und präzise im Stereofeld positioniert sind, was zu einem natürlichen und angenehmen Hörerlebnis führt.

  2. Mono-Kompatibilität: Viele Abhörsysteme, wie Mobiltelefone oder bestimmte Lautsprecher, geben Audiosignale in Mono wieder. Eine schlechte Phasenkorrelation kann dazu führen, dass bei der Mono-Wiedergabe wichtige Teile des Mixes verschwinden oder ausgedünnt klingen. Das liegt daran, dass Phasenauslöschungen auftreten können, wenn die Signale zusammengemischt werden.

  3. Überprüfung der Phasenkorrelation: Es ist hilfreich, während des Mixens regelmäßig die Phasenkorrelation zu überprüfen. Dafür gibt es spezielle Metering-Tools, die anzeigen, wie gut die Phasen der verschiedenen Spuren korrelieren. Ein Wert nahe bei +1 bedeutet eine gute Korrelation, während ein Wert nahe bei -1 auf eine starke Antiphase hinweist, was zu Auslöschungen führen kann.

Monokompatibilität im Detail

Mono-Kompatibilität ist die Fähigkeit eines Stereo-Mixes, auch bei Mono-Wiedergabe gut zu klingen. Wenn ein Stereo-Mix in Mono wiedergegeben wird, werden die linken und rechten Kanäle zu einem einzigen Signal kombiniert. Bei dieser Kombination können Phasenprobleme zu Phasenauslöschungen führen.

Phasenauslöschungen: Diese treten auf, wenn zwei Signale mit gleichen Frequenzen und entgegengesetzten Phasen kombiniert werden. Dies führt dazu, dass die betroffenen Frequenzen im zusammengemischten Signal teilweise oder vollständig gelöscht werden. Diese Auslöschungen können den Mix dünn, leblos oder unausgewogen klingen lassen.

Erkennen von Phasenauslöschungen

  • Mono-Überprüfung: Ein einfacher Weg, um Phasenauslöschungen zu erkennen, besteht darin, den Mix regelmäßig in Mono abzuhören. Viele DAWs (Digital Audio Workstations) bieten die Möglichkeit, zwischen Stereo- und Mono-Wiedergabe umzuschalten.

  • Phasenkorrelationsmeter: Diese Meter zeigen die Phasenkorrelation zwischen dem linken und rechten Kanal an. Ein Wert nahe bei +1 zeigt eine gute Korrelation, während ein Wert nahe bei -1 auf mögliche Phasenauslöschungen hinweist.

  • Visuelle Inspektion: Einige Analysetools bieten visuelle Darstellungen der Phasenbeziehung zwischen Kanälen, die helfen können, problematische Bereiche zu identifizieren.

Vermeiden von Phasenauslöschungen

  • Panning und Balance: Achte darauf, dass nicht zu viele ähnliche Signale (z.B. doppelte Gitarrenaufnahmen) exakt im gleichen Stereobereich liegen. Durch intelligentes Panning kannst du die Phasenbeziehungen zwischen den Kanälen optimieren.

  • Phase Rotieren: Bei Mikrofonaufnahmen kann das Drehen eines Mikrofons um einige Grad helfen, Phasenauslöschungen zu minimieren.

  • Verwendung von Phasenkorrekturtools: Es gibt spezielle Plugins, die dazu entwickelt wurden, Phasenprobleme zu erkennen und zu beheben.

  • Timing-Anpassungen: Kleine Verschiebungen im Timing zwischen linken und rechten Kanälen können helfen, Phasenauslöschungen zu vermeiden.

Druckvoller analoger Sound, damit Dein Track konkurrenzfähig bleibt? Teste unser analoges Mastering!

Linearphasige Equalizer: Pre- und Post-Ringing

Linearphasige Equalizer werden oft verwendet, um Phasenverschiebungen zu vermeiden, die bei minimalphasigen Equalizern auftreten. Diese Equalizer sorgen dafür, dass die Phase des Signals intakt bleibt, indem sie das Signal symmetrisch verarbeiten. Das hat jedoch einen Nebeneffekt, der als Pre- und Post-Ringing bezeichnet wird.

  1. Pre-Ringing: Pre-Ringing tritt auf, bevor das eigentliche Signal eintrifft. Es handelt sich um eine Art von Vor-Echo, das besonders bei transienten Signalen hörbar sein kann. Dieses Vor-Echo entsteht, weil der Filter das Signal symmetrisch um den Zeitpunkt der Frequenzänderung herum verarbeitet, was bedeutet, dass auch vor dem eigentlichen Signal Energie abgestrahlt wird.

  2. Post-Ringing: Post-Ringing ist ein Nach-Echo, das nach dem eigentlichen Signal auftritt. Es ist eine Art Nachschwingen, das das ursprüngliche Signal verlängert und in die Zeit nach dem Signal hineinreicht.

Auswirkungen des Pre- und Post-Ringings

  • Verlust an Natürlichkeit: Pre- und Post-Ringing können die Natürlichkeit des Klangs beeinträchtigen, insbesondere bei perkussiven oder transienten Signalen wie Schlagzeug und Perkussion. Diese Effekte führen zu einem unnatürlichen Klang, der als unangenehm empfunden werden kann.

  • Verminderte Transienten-Klarheit: Die Klarheit von Transienten kann durch Pre- und Post-Ringing stark beeinträchtigt werden. Transienten sind die scharfen Spitzen im Signal, die den Anfang eines Klangs markieren, und sie sind wichtig für die Definition und Klarheit des Mixes. Ringing kann diese Spitzen verwischen und den Klang weicher und weniger prägnant machen.

  • Klangverfärbung: Obwohl linearphasige Equalizer die Phase des Signals bewahren, kann das Pre- und Post-Ringing zu einer Klangverfärbung führen, die besonders in hochwertigen Audioproduktionen unerwünscht ist.

 

Wann ist ein minimalphasiger Equalizer besser?

  • Echtzeitanwendungen: In Live-Situationen oder bei Echtzeitbearbeitungen, bei denen Latenz ein Problem ist, sind minimalphasige Equalizer oft die bessere Wahl, da sie keine oder nur sehr geringe Latenz einführen. Linearphasige Equalizer können aufgrund ihrer Verarbeitung Latenzen einführen, die in Echtzeitanwendungen störend sein können.

  • Transientenwiedergabe: Für Anwendungen, bei denen die Transienten klar und präzise erhalten bleiben müssen, sind minimalphasige Equalizer oft besser geeignet. Sie verursachen kein Pre-Ringing und nur minimales Post-Ringing, was die Klarheit der Transienten bewahrt.

  • Natürlicher Klang: Minimalphasige Equalizer können für einen natürlicheren Klang sorgen, da sie das Signal weniger verändern und keine unnatürlichen Vor- oder Nach-Echos erzeugen.

Fazit

Das Verstehen und Beherrschen der Phasenverschiebung ist ein wichtiger Aspekt des Audio-Mixings. Extreme Phasenverschiebungen, die durch steile Filterflanken verursacht werden, können zu Kammfiltereffekten, Verlust von Klarheit, Problemen bei der Stereobreite und schlechter Phasenkorrelation führen. Die Phasenkorrelation spielt eine entscheidende Rolle für die Klarheit, Räumlichkeit und Mono-Kompatibilität deines Mixes. Linearphasige Equalizer können Phasenverschiebungen vermeiden, aber sie bringen Probleme wie Pre- und Post-Ringing mit sich, die den Klang unnatürlich machen können. Durch den bewussten Einsatz von Equalizern, die Verwendung von linearphasigen Equalizern, wenn nötig, und minimalphasigen Equalizern in anderen Situationen, sowie den Einsatz von Phasenkorrekturwerkzeugen, kannst du diese negativen Effekte minimieren und einen klaren, kohärenten und professionellen Mix erzielen.

Picture of Chris Jones

Chris Jones

C.E.O - Mixing- und Masteringengineer. Betreibt seit 2006 die Peak-Studios und ist der erste Online-Dienstleister in Sachen Audiodienstleistungen. Mehr zu Chris

Dein Kontakt

Du hast noch Fragen oder möchten persönlich über Dein Projekt sprechen?

Chris Jones

Geschäftsführer Peak-Studios

Kontaktformular

Frage jetzt unverbindlich Dein erfolgreiches Projekt an!

Dein Song Upload

Übermittel bequem Deine Projekte für unser Online MixingOnline MasteringDDP ImageMix Analyse (Mix Feedback) oder Online Podcast Mixing.

In der Regel melden wir uns innerhalb von 3 Stunden bei dir (an Werktagen).